EINE GESELLSCHAFT IM WANDEL
SEPT.INFO
DIGITALES FORMAT UND ERWEITERTE REALITÄT
«Bei der Lancierung von Sept.info im 2014 wollten wir uns vorwiegend an der Suche nach neuen Wirtschaftsmodellen für die Zeitungen von Morgen beteiligen», berichtet Patrick Vallélian, Chefredaktor der Plattform für Online-Journalismus. Dieses «Informationslabor» ist der erste Pure Player der Schweiz im Bereich investigativer und narrativer Journalismus und hat bereits internationales Ansehen erlangt. Davon zeugt etwa der Finalplatz 2016 beim renommierten Albert-Londres-Preis oder der kürzlich in Genf gewonnene Spezialpreis Nicolas Bouvier. Anders als die meisten Online-Konkurrenten bevorzugt das in Villars-sur-Glâne ansässige Medienunternehmen lange kostenpflichtige Formate in Form von Reportagen oder Berichten. «Raum, Zeit und Tiefsinn gehören zu unserer Philosophie», erklärt Patrick Vallélian. Das Spiel mit den Kontrasten zwischen der Schnelligkeit der digitalen Welt und der Langsamkeit des Lesens ist eine der Spezialitäten von Sept. info. Um sich nicht zu weit von den Printmedien fortzubewegen, haben die Verantwortlichen Sept konzipiert, ein alle zwei Monate erscheinendes Mook (von Magazin und Book) mit einer Auswahl der besten Online-Inhalte. Die Zeitschrift wird auch in Belgien, Frankreich, Kanada und Luxemburg verkauft.
Aber auch hier kommt es nicht in Frage, in bewährte Schemen zu verfallen. «Dank der erweiterten Realität wird das Leseerlebnis dreidimensional. » So ist es möglich, Seiten des Magazins mit dem Smartphone einzuscannen und auf diese Weise Zugang zu Zusatz-Inhalten wie etwa 360°-Videos oder 3D-Projektionen zu erhalten. «Im Grunde ist es ein zirkularer Prozess: Das Web füttert das Papier, das erneut auf das Web und somit auf das Virtuelle verweist», sagt Patrick Vallélian. Sept.info ist stets auf der Suche nach innovativen Lösungen, um die Leserbedürfnisse zu befriedigen und hat auf seiner neuen Website ein freies Preiswahl- System lanciert. Dies bedeutet, dass der Leser einen frei wählbaren Betrag bezahlt, um auf einen Artikel zugreifen zu können. «Diese Neuheit ist in erster Linie auf junge Leser ausgerichtet, die lieber Einheiten kaufen als ein Abonnement abzuschliessen.» 2018 wird mit Sicherheit noch kreativer – denn dann wird Sept.info zusammen mit Radio Freiburg und La Télé den MEDIAparc beziehen, ein veritables Haus der Medien.
Wenn Print und Web Hand in Hand gehen
Während die nationalen Zeitungen und überregionalen Medien unter der Konkurrenz der kostenlosen Online-Angebote leiden, blieben ihre regionalen Pendants bislang von deren Einfluss (weitgehend) verschont. «Unsere Leserschaft ist der Printzeitung noch sehr verbunden», erklärt Jérôme Gachet, Chefredaktor der Regionalzeitung La Gruyère. «Wir haben sogar einige Abonnenten in Kanada, die nicht auf die PDF-Version umstellen wollen, obwohl die Druckausgabe deutlich teurer ist und mit mehrtägiger Verspätung eintrifft!» Und doch ruhen sich die drei Freiburger Regionalzeitungen nicht auf ihren gedruckten Lorbeeren aus. «Unser Webauftritt dient als Schaufenster für unsere kostenpflichtigen Angebote und bietet mit den kostenlosen, aber noch nicht weiter ausgeführten Nachrichten gewissermassen einen Vorgeschmack auf die kommende Ausgabe», betont Serge Gumy von La Liberté. Bei der dreimal wöchentlich erscheinenden Zeitung La Gruyère werden die digitalen Kanäle genutzt, um «die Leser zwischen zwei Ausgaben mit Informationen zu versorgen». Dabei setzt Jérôme Gachet auf kurze Artikel, die sich auf Pressemitteilungen stützen. Die PDF-Version der Zeitung aus Bulle «bietet unseren Lesern die Möglichkeit, die Inhalte bereits ab 5 oder 6 Uhr morgens zu entdecken – und das auch dann, wenn sie unterwegs sind». Bei den Freiburger Nachrichten kam das Jahr 2016 einem digitalen Weckruf gleich: Parallel zur Überarbeitung der Website und der Freigabe einer Smartphone-App schrieb die Deutschschweizer Tageszeitung eine Vollzeitstelle für einen Digital Content and Social Media Manager aus. «Der Erfolg unserer Webstrategie beruht auch weiterhin auf dem ganzen Redaktionsteam», so Chefredaktor Christoph Nussbaumer. «Diese neue Person wird uns jedoch unterstützen und insbesondere die Einführung des Online-Video-Angebots begleiten.» Bei La Liberté sind zwei Vollzeitmitarbeiter für die täglich veröffentlichten Online- und Multimedia-Inhalte zuständig, wobei die ganze Redaktion miteinbezogen wird. «Über die schnelle Kurzinformation hinaus bleibt es jedoch unsere Kernaufgabe, den Lesern eine Analyse der Ereignisse in unserer Welt zu bieten, in der sie von Nachrichten mehr und mehr bombardiert werden», betont Serge Gumy.